Reisegruppe Hinichen – einmal Wien und zurück 3

Der nächste Morgen war schwer – vor allem weil die Reisegruppe Hinichen zur Hälfte schon um 8 im Café um die Ecke saß und ausgiebig die kleine aber feine Speisekarte rauf und runter bestellte. Da musste der Autor dieser Zeilen erstmal kräftig durchatmen, um dann 45 Minuten später dazuzustoßen und die Rechnung weiter in (für Frühstücksverhältnisse) astronomische Höhen zu treiben.

Apropos Café um die Ecke. Das Cafe Weidinger ist ein etwas aus der Zeit gefallenes Relikt – zumindest für uns Piefkes.  Ein absolut authentisches Beispiel für die traditionelle Wiener Kaffeehauskultur. Ein uralter, riesengroßer Laden, etwas vergilbt und mit viel Patina – aber Zeitungen ohne Ende, leckere kleine Speisen, eine tolle Melange, und ein absoluter Vollblutwiener-Ober, der formvollendet und mit viel Wiener Schmäh die Speisen und Getränke reichte. Empfehlung!!

Nach derartiger Stärkung mussten die Eskapaden des Vortages erstmal durch ein Sightseeing zu Fuß-Programm vergessen gemacht werden. Wobei – eigentlich war nur der Stephansdom unsere erste Anlaufstelle, und dann ließen wir uns einfach durch die Gassen und Hinterhöfe der wunderschönen Inneren Stadt treiben. Eine unvergleichliches riesiges Museum, dieses Wien. Wer, wie wir, aus der im Krieg plattgemachten und schnell, aber nicht schön wiederaufgebauten Stadt Köln kommt und dann diese ganzen uralten riesigen Bauten und Kirchen sieht, könnte schon neidisch werden. Naja, immerhin: unser Dom ist größer….
Wien

RinderwahnDas erste Reisgruppenmitglied verabschiedete sich dann schon Richtung Heimat, während wir verbleibenden drei noch nach circa 8 km Wanderung durch Wien den Naschmarkt besuchten – eine riesige Fressmeile unter freiem Himmel, ein nettes Restaurant neben dem nächsten, und Samstagsmittags natürlich total übervölkert, weil sich ganz Wien anscheinend Samstags dort zur Nahrungsaufnahme trifft.

Bevor wir uns dort in die Schlange stellten, sind wir – doch wieder leicht durstig und hungrig – gleich gegenüber im Café Drechsler aufgeschlagen, und was soll man sagen: wieder eine schöne Caféhaus-Atmosphäre, die Zwickel-Biere waren wieder reichlich am Start, leichte Speisen wurden gereicht, sympathische Menschen um uns herum: so kann man leben, so wird ein Schuh draus!
Drechsler Wien

Auf dem Weg zum Bahnhof sind wir dann reichlich zufällig – es war noch etwas Zeit – in eine Spelunke in Bahnhofsnähe eingefallen: Café Check in by Lesya. Nach einem Aufwärm-Gösser kamen wir mit den Gästen und dem supernetten Wirt Roman ins Gespräch. Er ist aus der Ukraine und erzählte und so einiges Trauriges, aber auch Aufbauendes aus seiner Heimat… Am Ende – so will es die ukrainische Gastfreundschaft –  wurden ein Wodka nach dem anderen zur deutsch-österreichisch-ukrainischen Verbrüderung eingeschenkt – da darf man nicht nein sagen! So schnell schließt man Freundschaft in Wien!

Frohen Mutes erreichten wir nun doch noch den Bahnhof – allerdings um uns erstmal im SPAR mit reichlich Ottakringer Dosen-Bier zu versorgen. Denn es lag eine lange ÖBB-Nightjet-Fahrt vor uns – und so lange ohne Bier? Das erschien uns reichlich unvorstellbar, wenn nicht sogar gefährlich. Trotz all dieser Aktivitäten waren wir pünktlich am Gleis 8, und  dort stand auch schon unser Nightjet, den wir im ersten Waggon betraten, in dem unsere 3 Liegewagenplätze reserviert waren.

ÖBB Nightjet

Dunkel war es um kurz nach 8, als die lange Rückreise mit dem Verlassen des Wiener Hbfs begann – und hell leuchteten die Ottakringer Biere in unserem Abteil – 6 Liegen, aber nur wir 3 drin.  So mancher Schwank wurde erzählt, so manche Anekdote zum Besten gegeben, so manche Dose geöffnet, Linz passiert, und spät am Abend beim Grenz-Halt in Passau die zusteigenden Bundespolizisten („Klopf Klopf Klopf! Bundespolizei machen Sie mal bitte auf“?) freundlichst begrüßt. Die machen ja auch nur ihre Arbeit….
Kurz danach ging es dann ab ins Bett bzw. auf die Liegen – wenn man es schafft die obersten über eine Leiter zu erklimmen mit reichlich Promille, was nicht jedem in der Reisegruppe gelang!  Der Anblick des Kollegen, der reichlich hilflos auf der Leiter hing aber nicht rauf aufs Bett schwenken konnte, war allein schon die Nacht-Reise wert. Nach diversen Lachattacken schlief er dann halt unten – und auch das war sehr bequem…. Liegewagenfahren kann sehr lustig sein!

Die Wodka lagen mir dann doch schwer im Magen, was die Nacht etwas kurz werden lies. Aber insgesamt haben wir gut gepennt, es hat was, sich vom sachte schunkelnden Zug in den Schlaf wiegen zu lassen, während Deutschland in der Nacht vorbeizieht. Warum die DB aus dem Nachtzuggeschäft ausgestiegen ist – keine Ahnung. Diese altmodische Art des Reisens erlebt gerade eine Renaissance – zurecht!
Kurz vorm Kölner Hbf. am Morgen dann plötzlich ein recht langer Halt: Wechsel der Wiener ÖBB-Lok auf eine niederländische – der Zug fuhr ja weiter nach Amsterdam. Ein kleiner Plausch vorne an der Lok mit dem ÖBB-Techniker und der holländischen Lokführerin, die uns am Ende eine gute Reise wünschte. Wir: „Ja danke – wir steigen in 500 Metern aus!“ 😂

So endete der launige Trip der Reisegruppe Hinichen – Wiederholung nicht ausgeschlossen…

Martin

Martin

Fotos (c) entertaim.net