Lita Ford / Flucht nach vorne

Rocklegende Lita Ford über „ihre Hölle der Ehe“ und das neue Album als Weg zu sich selbst (Los Angeles/Köln).

Dass Interviews komplett anders verlaufen können, als man erwartet, zeigte das Telefonat mit Lita Ford anlässlich ihres neuen Albums „Living like a runaway“. Einerseits spiegeln sich ihre Wurzeln in diesem Titel wider, aber auf der anderen Seite auch das Leid und die Schmerzen der vergangenen Jahre, die sie mit diesem Album versucht zu verarbeiten. Offenbar verbreitete das „Wicked Wonderland“, so der Titel ihres Comeback-Albums, ein schlechtes Karma, denn der Umzug von L.A. auf eine einsame karibische Insel mit dem damaligen Ehemann Jim Gillette erwies sich laut Lita als „Asylum oder Gefängnis“; mehr WICKED als Wunderland. Nachdem sich bereits nach zwei Minuten Interview herausstellte, dass Lita Ford nach langem Nervenkrieg von ihrem Ex-Ehemann geschieden ist, verblassten die ursprünglichen Fragen und das Interview entwickelte eine Art Eigendynamik.

Interview: Dennis Rowehl
Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Steamhammer/SPV

entertaim.net: Ich habe gesehen, dass Du mit Poison und Def Leppard auf Tour gehst. Das hört sich nach Spaß an …
Lita Ford: Absolut. Ich freue mich riesig auf diese Tournee. Endlich Zeit mit Freunden zu verbringen und sich vor Publikum den Frust von der Seele zu spielen und das neue Album zu performen.
entertaim.net: Bislang steht eine Tour in den USA? Ist auch etwas für Deutschland geplant?
Lita Ford: Bislang noch nicht, aber es wäre super, wenn wir mit diesem Package auch nach Deutschland kommen könnten …
entertaim.net: Du sprachst vom Frust … das hört sich irgendwie nicht gut an … magst du mehr darüber sagen?
Lita Ford: Ich habe kein Problem, darüber zu sprechen, Dennis. Ich habe die Hölle hinter mir und im neuen Album verarbeite ich alles, was mich belastet. Ich bin seit Kurzem geschieden und davor lag ein jahrelanger Scheidungskrieg! Das war die Hölle und mein Ex-Ehemann hat meine Kinder (2 Jungs) gegen mich aufgehetzt und ich habe keine Chance, sie zu sehen, weil er mit ihnen auf einer karibischen Insel jenseits des amerikanischen Hoheitsgebietes lebt. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie sehr ich darunter leide.
entertaim.net: Ich erinnere mich an unser Interview anlässlich des „Wicked Wonderland“-Releases, dass du mit deiner Familie auf eine karibische Insel gezogen bist …
Lita Ford: … das war nicht meine Idee, aber es hat sich so entwickelt. Das war ja ganz nett am Anfang, aber es wurde die Hölle und ich musste irgendwann einfach weg, weil ich es einfach nicht mehr aushalten konnte. Mein Ex-Ehemann (Jim Gillette) war ein absoluter Kontrollfreak. Er hat mich manipuliert und hatte die absolute Kontolle bei „Wicked Wonderland“, sodass ich nicht einmal weiß, wer genau die Gitarre gespielt hat und so weiter. Er hat mich bei Interviews kontrolliert und wenn ich irgendwas gesagt hab, was ihm missfiel, gab es anschließend Streit! Da hätte er ja selbst unter seinem Namen ein Album aufnehmen können, stattdessen hat er mich in eine Richtung gestoßen und ich hab es mitgemacht. Das Ende war, dass ich jetzt wieder in L.A. lebe, wo meine Freunde sind, er mir aber meine Kinder weggenommen hat und jeden Kontakt unterbindet und meine Jungs sogar gegen mich aufgehetzt hat. Er ist ein bösartiger Mann mit Kohle! Das ist so grausam. Er wollte mir alles nehmen, nachdem ich mich getrennt hatte und wollte alles zerstören, was mir etwas bedeutete … und das sind meine Kinder! Mich interessiert sein Geld nicht, mich interessieren keine Häuser, Besitztümer und und und … mir geht es um meine Kinder und er weiß, dass er mich durch sie verletzen kann. Mir wurde mein Herz aus dem Leib gerissen … er hat sogar meine wilde Vergangenheit, die Jahrzehnte zurückliegt, gegen mich verwendet, als sei ich ein schlechter Umgang. Das ist so niederträchtig!
Anschließend schluchzt Lita Ford und es ist nicht ganz einfach, das Interview weiterzuführen …
entertaim.net: … nachdem ich gelesen habe, dass Jim Gilette NICHT am neuen Album mitgearbeitet hat und sich alles musikalisch wieder nach Lita Ford anhört, hab ich mir gedacht, dass da irgendetwas passiert sein muss, aber DAS IST UNERWARTET !!!
Lita Ford: Das Album hat mir dabei geholfen, zu mir selbst zu finden und es ist ein Weg, meinen Frust, meine Trauer und meine Aggression in die richtigen Bahnen zu leiten. Es ist wohl mein persönlichstes Album, das ich jemals gemacht habe … und ich wurde von Freunden dabei unterstützt. „Mother“ ist dabei wohl der wichtigste Song. Ich wünsche mir so sehr, dass meine Jungs eines Tags diesen Song hören werden und wissen, wie sehr ich sie liebe!!!
entertaim.net: Kann darüber berichtet werden oder ist es dir lieber, dass diese privaten Angelegenheiten privat bleiben?
Lita Ford: Nein! Es ist wichtig, um mein Album und meine Texte zu verstehen. Ich bin ein gebrochener Mensch, aber das Album „Living like a runaway“ hilft mir dabei, die Stärke zurück zu bekommen, um um meine Kinder zu kämpfen und um zu mir zurückzufinden. Deshalb bin ich auch froh, mit Poison und Def Leppard touren zu können, um mein Album möglichst vielen Personen nahe zu bringen und meine Erlebnisse zu erzählen.
entertaim.net: Lita … ich wünsche dir viel Glück und dass deine Kinder die Musik eines Tages hören werden. (…) Das war harter Tobak! (…) Wirklich alles Gute und Stärke, die Zukunft zu überstehen und ich wünsche Dir das Beste, dass sich eines Tages alles zum Guten wendet!
Lita Ford: Danke Dennis, Gott schütze dich und ich hoffe auch, dass alles gut wird. Vielen Dank!
Interview: Dennis Rowehl
© Juni 2012